Was ist Somatic Experiencing ( SE ) ?

Die meisten Therapiemethoden berücksichtigen nicht in ausreichender Weise die bei einem bedohlichen Ereignis in Körper und Nervensystem ablaufenden Reaktionen.

Das von Peter Levine entwickelte Modell zur Überwindung und Integration traumatischer Erlebnisse beruht auf Verhaltensbeobachtungen aus der Tierwelt. Der zugrunde liegende Mechanismus, der ursprüngliche Reiz- Reaktionszyklus zeigt drei Optionen: Flucht, Angriff und Totstell- Reflex. Tiere sind in der Lage, die im Überlebenskampf mobilisierte Stress- Energie wieder abzubauen. Auch das Nervensystem des Menschen ist mit diesen Regulationsmechanismen ausgestattet, doch wird die Funktionsfähigkeit dieses instinktgeleiteten Verhaltens häufig durch den rationalen Teil unseres Gehirns gehemmt oder sogar außer Kraft gesetzt.

Dies kann dazu führen, dass die vom Körper in bedrohlichen Ausnahmezuständen bereitgestellt Überlebenskraft nur unvollständig wieder aufgelöst wird, daher reagiert das menschliche Nervensystem und der menschliche Organismus weiterhin auf die Bedrohung aus der Vergangenheit. So kommt es in der Gegenwart zu Überzeugungen, Gedanken, Gefühlen, Reaktionsweisen und Verhaltensmustern die mit den erschreckenden Erfahrungen früherer Erlebnisse gekoppelt und dem gegenwärtigen Erleben nicht angemessen sind.

Bei den betroffenen Menschen entstehen oft verwirrende, beängstigende psychische oder auch körperliche Symptome, die sich unter Umständen erst Jahre nach dem ursprünglichen bedrohlichen Ereignis oder der traumatisierenden Erfahrung zeigen können. Bei diesen Symptomen kann es sich handeln um:

Ängste und Panikattacken
Übererregbarkeit und Überaktivität
Wutausbrüche und Jähzorn
Depressionen
Schlafstörungen
Bindungsunfähigkeit
Erschöpfung oder Burnout
Chronischer Schmerz, Migräne
Nacken- und Rückenprobleme
Hormonelle Störungen oder Autoimmunerkrankungen

Wenn die Folgen von Trauma und Schock aufgelöst werden sollen muss deshalb die Reaktion auf das ursprüngliche bedrohliche Ereignis als gegenwärtiges Phänomen gesehen und behandelt werden.
Gelingt es, die biologischen, damals unterbrochenen Prozesse im Nervensystem langsam zu vervollständigen, kann der Mensch wieder Zugang finden zu seinen angeborenen Reaktionsmöglichkeiten wie Orientierung, Verteidigung, Flucht und Kampf und dadurch das Repertoire seiner Verhaltensmöglichkeiten immens erweitern. Er gewinnt seine volle Lebensenergie zurück, fühlt sich frei und fähig, sein Leben zu bewältigen.

Trauma ist im Nervensystem gebunden. Mit SE wird das ehemals traumatische, noch im Nervensystem gespeicherte Ereignis körperlich und geistig neu verhandelt. Dabei ist nicht das Ereignis selbst entscheidend sondern die Reaktionsweise des individuellen Nervensystems, d.h. wie die Regulationskräfte des Nervensystems mit der Bedrohung fertig geworden sind. Mit SE ist es möglich, ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten wenn das Ereignis als emotional zu belastend erscheint. Retraumatisierung wird vermieden durch sanftes "Auftauen" der erstarrten Energie/Gefühle. Durch das Wiederbeleben der angeborenen biologischen Kräfte und Fähigkeiten entsteht aus dem Gefühl von Lähmung und Erstarrung allmählich ein neues Gefühl von Lebendigkeit und Flexibilität. Die tief verankerten Anspannungen und Nachwirkungen von Trauma können sich schonend auflösen.

Tiefe Lebensfreude und eine Eröffnung neuer Möglichekeiten sind die Folge.